Medizinische Fachbereiche

Rettungsdienst und Notfallmedizin

Die Notfallmedizin definiert die Behandlung akut eingetretener Erkrankungen oder Verletzungen. Die Organisation, Einleitung und Durchführen lebensrettender Sofortmaßnahmen definiert den Aufgabenbereich der Notfallmedizin. Hierzu gehört aber nicht nur die operative Intensivmedizin, oder die Einhaltung des sog. ABC-Schemas, oder die Beherrschung kardio-pulmonaler Reanimation, sondern auch schon die Tätigkeit und Befähigung z.B. des Leitstellendisponenten bei der Notrufzentrale, als auch das Knowhow der entsendeten Rettungsassistenten.

So wurde in einem von mir erstrittenen Beschluss vor dem Kammergericht Berlin (Beschl. vom 19.06.2017 - 20 U 147/16) entschieden, dass im Falle des Notrufs und einem geschilderten Beschwerdebild „Atemnot“ (Atembeschwerden bei Asthmapatienten) die Fehleinschätzung durch den Leitstellendisponenten der Notrufzentrale und die nachfolgende Entsendung „nur“ eines RTW ohne Notarztes einem groben Behandlungsfehler entspricht.

Zur Notfallmedizin gehört aber auch die Einrichtung und der Betrieb etwa einer Stroke-Unit, in welcher Schlaganfallpatienten, bei denen typischerweise akute Gesundheitsveränderungen das Krankheitsbild bestimmen und Notfallmaßnahmen, wie etwa eine Lyse-Therapie erforderlich machen.

Narkose/Anästhesiologie

Das Fachgebiet der Anästhesie umfasst Maßnahmen Narkose, Sedierung, Schmerztherapie und die Überwachung der Vitalfunktionen zu gewährleisten und damit operative oder diagnostische Maßnahmen durchzuführen. Als haftungsrelevant haben sich der fehlerhafte Einsatz von Anästhesiepflegern und die Durchführung sog. Parallelnarkosen erweisen. Narkoseverfahren bergen bei unsachgemäßer Überwachung des Patienten das Risiko schwerster Schäden z.B. durch Fehlintubationen, die Insufflation von CO2 und die pathologische Veränderung des Säure-Basen-Status im Blut und nicht zuletzt den Zelluntergang im Hirn. Das apallische Syndrom (Wachkoma, coma vigile), Locked-In-Zustände oder auch sog. Awareness-Symptomatiken gehören zu den schwerwiegensten Folgen unsachgemäß durchgeführter Narkosen.

Chirurgie und Neurochirurgie

Ein statistisch am häufigsten von Behandlungsfehlern betroffenen Fachgebiet der Chirurgie befasst sich mit der operativen Behandlung, Nachsorge und Rehabilitation von chirurgischen Erkrankungen und Verletzungen und untergliedert sich in die Bereich

  • Gefäßchirurgie
  •  Thoraxchirurgie
  •  Unfallchirurgie
  •  Viszeralchirurgie

Die Neurochirurgie nimmt in diesem Bereich eine Sonderstellung ein, weil sie sich auf die operative Behandlung von Nerven, spezielle im Beriech des Rückenmarks und des Hirns fokussiert. Auch Shunt-versorgte Patienten  und deren Behandlung unterliegen neurochirurgischen Standards.

Orthopädie

Das Fachgebiet der Orthopädie , welche nach den einschlägigen Statistiken ebenfalls enorm haftungsgeneigt ist, befasst sich mit den Erkrankungen des Bewegungsapparats. Im Bereich operativer Versorgung der Wirbelsäule gibt es Kollisionen (und Konfliktpotenzial) zu dem Fachgebiet der Neurochirurgie.

Innere Medizin

Die Innere Medizin ist untergliedert sich in die Fachbereiche

  • Angiologie (Gefäßerkrankungen)
  •  Endokrinologie und Dialektologie (Stoffwechsel)
  •  Gastroenterologie (Magen-/ Darmtrakt)
  •  Hämatologie (Blut und blutbildende Organe)
  •  Infektiologie (Infektionskrankheiten)
  •  Kardiologie (Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems)
  •  Nephrologie (Erkrankungen der Niere und deren konservativer Therapie)
  •  Pneumologie  (Erkrankungen der Atmungsorgane)
  •  Toxikologie (Gifte und ihre Wirkung auf den Organismus)
  •  Rheumatologie (Erkrankungen, Diagnosen und Heilungsverfahren im Bereich der Gelenke)
  •  Onkologie (Tumorerkrankungen und Krebs)

Neurologie

Die Neurologie umfasst die Diagnose und Therapie akuter und chronischer Erkrankungen der Nerven. Als forensisch enorm haftungsträchtig hat sich die Schlaganfallmedizin und die Fehlebhandlung der TIA, transitorisch ischämischen Attacke, herausgestellt. Bei diesen Krankheitsbildern führt, bei welcher die Nichteinhaltung klar definierter Behandlungsregeln und von Leitlinienwissen haftungsbegründende Szenarien auslösen können.

Kinder- und Jugendmedizin

Behandlungsfehler und Arzthaftung in der Kinder- und Jugendmedizin

Was für den Bereich Geburtshilfe gilt, muss gleichermaßen auch für die Kinderheilkunde Bestand haben.  Der Organimus eines neugeborenen, heranwachsenden Kindes, welches sich in der Entwicklung befindet ist anfällig für irreversible Schädigungen, die Entwicklungsrückstände auslösen können, die dann im eigentlichen Sinne nicht mehr ausheilen können. Im Rahmen meiner bisherigen Befassung mit Schäden aus dem Bereich der Kinderheilkunde sind spezifische Krankheitsbilder leider immer wieder Gegenstand juristischer Auseinandersetzungen geworden.

Die U1, also die erste unmittelbar nachgeburtliche Untersuchung des Kindes, soll innerhalb der ersten 30 Minuten nach der Geburt des Kindes durchgeführt werden. Folgende Ziele und Schwerpunkte werden gesetzt:

  • Erkennung von lebensbedrohlichen Komplikationen
  • Erkennen von Geburtstraumata
  • Erkennen von sofort behandlungsbedürftigen Erkrankungen und Fehlbildungen
  • Erfassung prä-, peri- und postnataler Risikofaktoren
  • Entscheidung über die weitere Versorgung des Neugeborenen

Verpflichtend ist bei der U1 eine körperliche Untersuchung, bei der auch die Körpermaße, also Gewicht und Körperlänge sowie Reifezeichen untersucht werden. Diese sind natürlich und zwangsläufig auch im Zusammenhang des Schwangerschaftsalters zu betrachten.

Der neurologische Schaden des Früh- oder Neugeborenen

Neugeborene sind generell empfindlich für Hirnschädigungen. Kommt es dazu noch zu einer Frühgeburt, ist das Risiko einer Hirnschädigung deutlich erhöht, weil das Gehirn eines Frühgeborenen sehr viel empfindlicher ist als bei einem reifgeborenen Kind. Ein äußerer Einfluss, den ein reifgeborenes Kind noch verkraftet, führt  bei einem Frühgeborenen mit größerer Wahrscheinlichkeit zu einer Schädigung.

Eine Hirnschädigung kann entweder durch eine Sauerstoffunterversorgung oder Raumforderung im Gehirn (z.B. durch eine Blutung) entstehen.

Zu einer Sauerstoffunterversorgung auf einer pädiatrischen Intensivstation kann es beispielsweise im Rahmen einer spontanen Extubation bei intubierten Kindern kommen. Dies ist meistens Folge davon, dass der Tubus nicht sachgemäß befestigt wurde, so dass er durch Bewegung des Kindes herausrutschen kann. Es ist deshalb medizinischer Standard zu dokumentieren, wie tief ein Tubus eingeführt und wie er befestigt wird. Außerdem muss in jeder Schicht dokumentiert werden, dass die Fixierung des Tubus immer noch dem medizinischen Standard entspricht.

Wenn es zu einer solchen Extubation kommt, muss der Klinikträger für diesen neonatologischen Notfall innerhalb kürzester Zeit ausreichend organisatorische Vorkehrungen treffen. Er muss vor allem sicherstellen, dass beim Auftreten von Atemnot eines Neugeborenen ein kompetenter Arzt hinzugezogen wird, der die Ursache der gestörten Atmung klären und eine erforderliche Intubation durchführen kann.

Auch die Überbeamtung (Hypokapnie), also die übermäßige Anreicherung des kindlichen Blutes mit CO2 ist eine bekannte Ursache.

Die bereits beschriebene Verletzlichkeit des Gehirns führt dazu, dass bereits geringe Formen der Sauerstoffunterversorgung bzw. Nährstoffunterversorgung, beispielsweise mit Zucker, eine Minderdurchblutung im Gehirn  verursachen können und damit einen Gesundheitsschaden.

Bakterielle oder virale Meningitis (Hirnhautentzündung)

Die Diagnose einer Meningitis (bakteriell oder viral) ist in der kinderärztlichen Praxis schwierig und stellt eine Herausforderung dar.

Dennoch: je jünger das Kind ist, gerade bei ehemals Frühgeborenen, kann der Zustand des Kindes von „noch gut“ in kürzester Zeit in „bedrohlich“ wechseln und die Diagnostik muss konsequent erfolge, die Eltern sensibilisert werden.

Gerade bei kleinen Säuglingen, bei denen später eine Meningitis diagnostiziert wurde, liegt häufig keine Nackensteifigkeit (Meningismus) im klassischen Sinne vor. Ein Kinderarzt muss wissen, dass eine fehlende Nackensteifigkeit eine Meningitis bei einem kleinen Säugling nicht ausschließt.

Bei kleinen Säuglingen kann ein erstes Hinweiszeichen beispielsweise Fieber sein. Daneben gibt es noch weitere Hinweise wie Berührungsempfindlichkeit oder schrilles bzw. „spitzes“ Schreien.

Der Verdacht auf Meningitis, begründet Anlass für umfangreiche Untersuchungen, die innerhalb kurzer Zeit Ergebnisse liefern. Im Zweifel ist das Kind an ein Kinderkrankenhaus zu überweisen.

Hypoglykämie

Diese wird vereinfacht als Unterzuckerung des Neugeborenen bzw. Säuglings beschrieben. Hinweiszeichen kann eine im Mutterleib sein. Nach der Definition aller Lehrbücher zum Facharztstandard entsprechen Kinder mit einem Geburtsgewicht kleiner der sog. 10. Perzentile einer sog. Hypotrophie. Mit dem Begriff der asymmetrischen Wachstumsverzögerung bezeichnet man Störungen, die erst gegen Ende der Schwangerschaft auftreten und dazu führen, dass das Körpergewicht niedriger ist, als es nach dem Schwangerschaftsalter sein sollte, während aber die Körperlänge und der Kopfumfang des Kindes vergleichsweise normal sind. Solche Neugeborenen haben ein erhöhtes Risiko für eine Unterzuckerung. Bei der Geburt werden Gewicht, Körperlänge und Kopfumfang gemessen, um festzustellen, ob das Neugeborene entsprechend der Schwangerschaftsdauer gewachsen ist.

Die Symptome „Zittrigkeit, Apathie, Trinkschwäche, Hypotonie, Krampfanfall und Koma“ sind Leitsymptome einer Hypoglykämie. Die eigentlich gefährlichen Hypoglykämien aber sind die asymptomatischen, da sie ohne jegliche Warnzeichen verlaufen und zu permanenten Schädigungen des Gehirns führen können.

 

Shunt-Versorgung

Kinder (auch Erwachsene) mit einem Hydrozephalus (umgangssprachlich: Wasserkopf) benötigen zur Herstellung einer geregelten Hirnwasserableitung häufig ein sogenanntes Shunt-System. Dabei wird eine Leitung von der Hirnkammer in den Bauchraum gelegt und das Hirnwasser über den Magen-Darm-Trakt abgeleitet.

Die Verstopfung (Obstruktion) des Shuntsystems zählt zu den häufigsten Komplikationen der Shuntversorgung. Hierzu gehören die Verstopfung des Ventrikelkathethers und die des Bauchkatheters. Meist wird der Ventrikelkatheter durch Fibrin, Gewebeanteile oder Blutgerinnsel verstopft. Die Verstopfung führt zur Unterdrainage, was ein Ansteigen des Hirndrucks zur Folge hat.

Mitunter, vor allem mit zunehmendem Wachstum, kann es auch zur Unterbrechung (Diskonnektion) des Shuntsystems kommen.

In der Bildgebung sind Shunt-Komplikationen in aller Regel leicht zu erkennen. Auch diese Komplikationen führen zu einer Unterdrainage.

Infektionen des Shunt-Systems treten bei 3 – 15 % der Shunt-Patienten auf.

Die Überdrainage zählt zu den häufigen Komplikationen der Shunttherapie.

Entscheidend bei allen Komplikationen der Shunt-Versorgung ist die frühzeitige Erkennung richtungsweisender Symptome, wie Schläfrigkeit, Übelkeit, Erbrechen oder auch sogenannte Sonnenuntergangsphänomene. Wegen der „Allgemeinheit“ der Symptomatik bedarf es insbesondere bei Kleinstkindern immer einer zeitnahen Abklärung der Shuntsituation, da es andernfalls zu irreversiblen neurologischen Folgeerscheinungen wegen des hohen Hirndrucks kommen kann.

Nachblutung (Mandeloperation)

Bei einer Entfernung der Gaumenmandeln kommt es in 1 bis 4 % der Fälle zu Nachblutungen. Wenn es sich nicht um eine entzündungsbedingte Mandelvergrößerung handelt, kann als Alternative immer auch eine Teilentfernung der Mandeln (Tonsillotomie) den Behandlungseffekt erzielen. Bei dieser treten geringere und seltener Komplikationen nach der Operation auf.